Communiqué: Antifa-Block

Wir haben uns heute solidarisch in der „30 Jahre sind nicht genug, die Utopie ins Hier und Jetzt holen!“ Demo beteiligt. Rund 500 bis 600 Menschen gingen heute selbstbestimmt auf die Strasse. Unterwegs wurden antifaschistische Flyer verteilt und mit verschiedenen Plakaten auf Antifaschismus sichtbar gemacht. An der Gerechtigkeitsgasse wurde an die Proteste gegen die SVP 2007 erinnert. Im November wird die #antifarally Kampagne starten und mit vielen Veranstaltungen auf das Thema aufmerksam machen. Nachfolgend unsere Rede an der Demonstration:

Wir wollen unseren Unmut zum gesamteuropäischen Rechtsrutsch und dem Aufflammen rechtsextremer Gewalt und nationalistischer Abschottung auf die Strassen Solothurns bringen. Wir sind erschüttert, wie salonfähig Rassismus in unserer Gesellschaft geworden ist. Wir sind schockiert wie unhinterfragt Sexismus nach wie vor ein fester Bestandteil ist. Wir sind wütend, dass faschistische Strukturen immer mehr
Akzeptanz erfahren. Dagegen wollen wir ein Zeichen setzen. Gegen die faschistische und nationalistische Hetze, gegen die sexistische Systematik von Staat und Kapitalismus, gegen die Unterdrückung und Diskriminierung jeglicher Menschen.

In Bern verhinderte die Staatsgewalt mit Hilfe eines immensen Polizeiaufgebots bereits das zweite Mal eine angekündigte Demo, welche dieselben Anliegen thematisierte, wie wir das nun tun. Der Staat versucht selbstgerecht zu bestimmen wer, wo und wann demonstrieren darf und welche Protestform ihnen in den Kragen passt. Mit dieser Demonstration solidarisieren wir uns mit unseren Berner Freund*innen, da auch wir der Meinung sind, dass es für unsere Anliegen keine Bewilligung einer staatlichen Behörde braucht. Um auf die Strasse zu gehen müssen wir nicht um Erlaubnis fragen!

Den spürbar faschistischen und nationalistischen Tendenzen im gesellschaftlichen Diskurs sowie im Alltag wollen wir mit einer Vielzahl und Vielfalt von Menschen entgegnen. Viele der jüngeren Generation sind in einer toleranten Stadt aufgewachsen und konnten sich so, fernab von rassistischen Milieus, eine Meinung bilden. Dies sehen wir durch Aktivitäten rechtsextremer Strukturen wie beispielsweise der PNOS bedroht. Die rechtsextreme Partei National Orientierter Schweizer gründete in jüngster Zeit schweizweit neue Sektionen, so auch in Solothurn. Sie bedienen sich neuer Methoden und Rhetorik, um ihren Einfluss auf die Gesellschaft zu stärken. Somit kaschieren sie ihr rechtsextremes Gedankengut und vernetzen sich europaweit mit anderen faschistischen und rechtspopulistischen Strukturen (Jobbik Ungarn, Casa Pound Italien, FPÖ Österreich). In Solothurn organisierte die PNOS vergangenen Samstag einen Stammtisch, der der Rekrutierung von neuen Interessent*innen diente. Vorfälle haben sich gehäuft, in denen reaktionäre Gruppen versuchen, im Raum Solothurn politische Agitation zu betreiben und den gesellschaftlichen Rechtsrutsch durch extremistische Positionen zu beeinflussen und zu nutzen. Ein weiteres Beispiel dafür: der braun-esoterische und verschwörungsaffine Stammtisch in Solothurn und ihr (erfolgreich verhindertes) Gipfeltreffen Heimatland auf dem Allerheiligenberg. Die neopaganen Esoteriker*innen beziehen sich auf die rassistische und völkische Ideologie der Anastasia-Bewegung aus Russland.

Wir verspüren ein starkes Bedürfnis unseren Wohn- und Lebensort mitzugestalten und unsere Bedürfnisse und Ideen in einer toleranten und bunten Stadt zu leben. Ein selbstbestimmtes Leben, in dem Platz ist für Kritik am systematischen Rassismus, der die Grundlage bietet, Menschen zu spalten und von Grenzen profitiert. Eine Kritik am systembedingten Sexismus unserer patriarchalen Gesellschaft, der sich unter anderem in ungleichen Löhnen zeigt. Diese Kritik soll von Menschen sichtbar gemacht werden, die selbst von Diskriminierung betroffen sind oder im Umfeld miterleben und kann somit von keiner staatlich institutionalisierten Kampagne bedient werden. Denn für die erlebte Gewalt und den damit verbundenen Widerstand muss eine eigene Sprache gefunden und entwickelt werden, damit sich betroffene Menschen emanzipieren können. Dies ist eine Sprache der Solidarität und der Minderheiten, die nach Gerechtigkeit und Toleranz schreit und sich nicht der entmenschlichten Gesetzgebung unterwirft.

Wir wollen zusammen eine Zukunft schaffen, in der die Ungleichheit bedingt durch das System und seine Ökonomie verschwindet und neue Grundsätze, wie gegenseitige Hilfe und Solidarität, den selbstzerstörerischen Kampf um Macht und Wohlstand verdrängen. Wir wehren uns gegen die Welt der aufgeteilten Territorien umgeben von Zäunen und Stacheldraht, in der sich die am auserwählten Fleck Geborenen überlegen fühlen und ihre Existenz damit verbringen, ihre Privilegien zu verteidigen. Denn wir wollen den Alltag in Verbindungen und Freundschaften erleben und gestalten, in denen die Nationalität, Ethnie, Hautfarbe, Religion, das Geschlecht, die sexuelle Ausrichtung, das Aussehen, die kognitive und körperliche Verfassung oder die soziale Anerkennung keine Rolle spielen. Somit soll diese Demonstration unsere Mitmenschen und uns selber für extremistische aber auch systembedingte Diskriminierung sensibilisieren. Wir wollen gemeinsam Perspektiven entwickeln, die diesen entgegentreten können.
Faschismus, Rassismus und Sexismus die Zähne zeigen!